Hört Markenführung beim POS auf?

Was ALDI in Europa seit Jahren perfekt inszeniert ist die Marke im LEH. POS, Anzeigen, Beilagen, etc. sind in sich stimmig, ergänzen sich, greifen ineinander. Das hat das Unternehmen stark und die Marke belastbar gemacht. Nun aber der Schritt in – für ALDI – neue Medien: TV und Kino. Zeitungsanzeigen und Werbebeilagen sind Aldi nicht mehr genug: Am Sonntagabend läuft erstmals ein Werbespot des Discounters im deutschen Fernsehen, wie die beiden Unternehmensgruppen Aldi Nord und Aldi Süd am Donnerstag mitteilten. Ab Montag folgen demnach Radiospots. Ab Ende Oktober sei der Discounter dann auch mit Werbung im Kino präsent. Darin erkenne der Göttervater Zeus, „dass der wahre Luxus nicht auf dem Olymp, sondern bei Aldi auf der Erde liegt“, erklärte Aldi

Hier der neue Kinospot.

Aldis Schritt ins TV ist in Deutschland ein Novum

Start der Kampagne ist am bevorstehenden Wochenende: Am Sonntagabend um 20.13 Uhr flimmert der gemeinschaftliche Aldi-Spot erstmals über die deutschen Bildschirme. Im Privatfernsehen. ARD und ZDF folgen dann in der kommenden Woche. Bis März nächsten Jahres soll die Offensive laufen, dann auch mit einem zweiten Spot, in dem die Eltern auf die von den Kindern gestellten Fragen antworten. Ein Novum ist dabei nicht nur die Zusammenarbeit des Nord- und des Süd-Aldis. Die Marke wagt sich überhaupt zum ersten Mal ins Fernsehen, jedenfalls in Deutschland. In Großbritannien, Australien oder Österreich wirbt Aldi bereits im TV. Hierzulande aber hatte das Unternehmen, das als Begründer des Discountprinzips gilt, derart große Werbekampagnen nicht nötig. Die Ansprache der Kunden erfolgte über große Zeitungsanzeigen mit Produktwerbung und vor allem Niedrigpreisversprechen. Nachdem zuletzt aber Supermärkte wieder Marktanteile gewonnen haben und dazu noch Lidl den großen Konkurrenten frontal angreift, muss sich auch der Platzhirsch bewegen.

Gedreht haben den entsprechenden Werbeclip die Newcomer-Regisseure Daniel Titz und Dorian Lebherz, die schon mit dem bei YouTube millionenfach geklickten Spot „Dear Brother“ für den Whiskeyhersteller Johnnie Walker einen Überraschungshit gelandet haben. Die TV-Präsenz ist aber nur ein Teil der Kampagne „Einfach ist mehr“. Darüber hinaus wird es auch Radio-Spots geben, großflächige Plakate und Zeitungsanzeigen sowie eine Kinowerbung, in der Göttervater Zeus in 84 Sekunden erkennt, dass der wahre Luxus nicht auf dem Olymp liegt, sondern im Einkauf bei Aldi. „Dahinter steckt jeweils ein Augenzwinkern“, betont Jeannette Thull, die Geschäftsführerin im Zentraleinkauf von Aldi Süd.

Aldi will gezielt die Kundenbindung stärken

Produkte sind weder im TV-Spot noch in der Kinowerbung zu sehen. Und das ganz bewusst. Denn Aldi geht es nach eigener Aussage nicht darum, Preise oder Qualität seines Sortiments zu rühmen oder gar den eigenen Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Das dürfte ohnehin kaum noch machbar sein, unken Experten.

DämlicherTV-Spot

Wo ist eigentlich Aldi im Aldi-Spot?

So ist in dem 47-sekündigen TV-Spot tatsächlich kein einziges Aldi-Produkt und kein einziger Aldi-Markt zu sehen. Vorgeführt werden stattdessen Kinder, die in Pfützen spielen, durch die Wohnung toben oder in Badeseen springen. Dazu verliest eine Kinderstimme aus dem Off pseudophilosophische Botschaften, die kein normales Kind jemals so sagen würde. Es sei denn, beide Eltern arbeiten in einer Werbeagentur wie Ogilvy Düsseldorf oder Oliver Voss, die haben sich das nämlich ausgedacht.

…und der aktuelle TV-Spot

Befremdend ist vor allem das klugscheißerische Geplapper der Kinder, was eindeutig aus der Feder von Textern stammt und zig mal durch Korrekturschleifen gezerrt wurde.

Hier das Phrasenfeuerwerk des 47-Sekünders in voller textlicher Länge:

„Die Erwachsenen wollen immer die Bestimmer sein, weil die sich für ziemlich klug halten. Aber wenn man dann fragt: Warum müssen wir uns beeilen? Warum hast du keine Zeit zum Spielen? Dann antwortet ihr nur: Darum. Es heißt immer, Kinder brauchen nicht viel, um glücklich zu sein. Wir schreiben keine Emails. Wir sprechen einfach so, wenn wir uns sehen. Wir brauchen keinen Supermarkt, der so groß ist, dass ihr euch nicht entscheiden könnt. Warum glaubt ihr, dass ihr mehr braucht? Wählt doch einfach das Richtige und befreit euch vom Rest. Warum? Darum. Aldi – Einfach ist mehr.“

Und die Marke?

Was mich insgesamt sehr befremdet ist der Eindruck, dass bei der Markenführung von ALDI – vielleicht auch durch die Nord-Süd-Kombination – keine Linie zu erkennen ist. Ganz im Gegenteil. Zum Beispiel kann eine Positionierung der beiden Auftritte TV und Kino gegensätzlicher kaum sein. Da hilft auch das Argument der Zielgruppen in den Medien oder die Verfassung der Kinobesucher nicht. So kann man Markenführung nicht machen.

Kai Wulff

(weitere Quellen: stern.de, welt.de)